Bei kirchlichen Insidern gibt es schon lange den Eindruck, als würde sich die russische Politik auch nach dem Ende der Sowjetunion der orthodoxen Kirche zur Erreichung ihrer Hegemonie bedienen - Von Franz Schlegl
Seltsame Empfindlichkeit
Am 1. April überraschte Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel mit einer überaus positiven Stellungnahme zu den Beziehungen zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche. Zum ersten Mal hat ein ökumenischer Patriarch an der Amtseinführung eines neuen Papstes teilgenommen, ebenso, auf Einladung des neuen Papstes am Mittagessen mit den Kardinälen. Auch die Einladung zu einer gemeinsamen Wallfahrt des Papstes mit dem Patriarchen nach Jerusalem, im Gedenken an das Zusammentreffen zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras, vor 50 Jahren lässt positiv aufhorchen.
Hingegen wird der Auftritt des Leiters des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Erzbischof Hilarion, allerdings nur von eingeweihten Personen als der Misston angesehen, der er tatsächlich auch ist.
Mit schöner Regelmäßigkeit erklärt das Moskauer Patriarchat, leider auch unter Patriarch Kyrill, dass die Ukraine, immerhin ein selbstständiger Staat, zum kanonischen Territorium des Patriarchen von Moskau gehöre. Ähnliches sagte der Vorgänger von Kyrill, Patriarch Alexej, in Lettland und gegenüber Estland, was beträchtlichen politischen Staub aufgewirbelt hat. Immerhin hat sich die orthodoxe Kirche von Estland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des Einflusses des KGB auf die Hierarchie der russisch orthodoxen Kirche, spontan dem Patriarchat von Konstantinopel unterstellt, worauf die Beziehungen zwischen Moskau und Konstantinopel auf dem Eispunkt angelangt waren. Bei kirchlichen Insidern gibt es schon lange den Eindruck, als würde sich die russische Politik auch nach dem Ende der Sowjetunion der orthodoxen Kirche zur Erreichung ihrer Hegemonie bedienen! Weiter auf KATH.NET